Samstag, 13. Juli 2013

Fünf Anschläge in Deutschland seien durch Prism verhindert worden, berichtet der SWR3 grad.

Ob die Störung auf meinem Notebook noch mit der Virusattacke durch den Trojaner zu tun hat?

Sebastian tut mir gut. Ohne ihn sacke ich schnell in schizoide Denkmuster ab und akzeptiere ein Problem als gemacht. Irgendwie erinnert mich alles mehr und mehr an eine fast gehörlose Frau, die während einer Ferienzeit mit nassgeregnetem Schlafsack neben mir saß, aber außerstande war, Hilfe anzunehmen oder auch nur in irgendeiner Weise zu suchen, statt lediglich zuzuwarten. Es beunruhigte mich, da ich ihre Denkmuster nicht nachvollziehen konnte. Irgendwie hängt schon alles mit allem zusammen. Auch die Hilflosigkeit meines Nachbarn mit meiner eigenen Unruhe. Wo beginnt tatsächliche Zeitnot?

Vorgestern abend war ich dann zu müde, Bahr oder Tillich in der ZDF-Mediathek anzuschauen, und habe von einem tieflila Hotel-Wolkenkratzer geträumt, in dem Jugendliche bahnhofsmäßig auf
das Kommende warteten. Aber das ist jetzt vorbei – der Kaffee schmeckt.

Sebastian hat mir gestern Abend geschrieben:
Ich bin zu kindlich - erst wollte ich schreiben: naiv - um Probleme als gemacht akzeptieren oder überhaupt erst als gemacht erkennen zu können. Probleme sind für mich - eben Probleme. Sie tauchen auf, weil sich irgendwelche ungünstigen Faktoren aus irgendwelchen ungünstigen
Zufällen heraus überschneiden. Ich bin ein schlechter Krimi-Zuschauer: Meistens gelingt es mir nicht, den Mörder zu erraten: Das ist, weil ich zu wenig von der Komplexität des Möglichen ablehnen kann zugunsten eines klaren, scharfen Bildes oder Plans. Und in Wirklichkeit mag ich
genau das, denn es tröstet mich immer und immer: Die große Komplexität akzeptieren, die keine Unmöglichkeit zuzulassen scheint. An eine Welt zu glauben, die vielschichtiger und verworrener und belebter ist, als wir - als Menschen - je imstande sind wahrzunehmen. Ich glaube nicht an den Masterplan. Oder irgend eine übergeordnete Instanz, die Dinge willkürlich ordnet, voranbringt oder abbremst, die einen Willen hat, der sich gegen den meinen stellt.

Probleme, zumindest die, die diese Bezeichnung verdienen, sind ausnahmslos faszinierend für mich. Sie offenbaren eine neue Facette dieser Kompliziertheit und nähren meine Annahme, daß sie unendlich, unbegreiflich sein muß.

Natürlich sind Computer definierte Maschinen, also deterministische Systeme im engeren Sinne. Aber da sie keine geschlossenen Systeme sind und da sie aufgrund der Kompliziertheit ihrer Komponenten - und nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, Turing-vollständig zu sein - weit über
meine geistigen Fähigkeiten hinaus wirken können, staune ich immer wieder über die von ihnen produzierten Phänomene. Staunen ist überhaupt das Größte. Darüber kann ich mich ganz verlieren.

Ich freue mich, daß ich Dir dabei helfen kann, nicht in diese Denkmuster abzugleiten.

Zeitnot ist, glaube ich, die eigene Unfähigkeit, sich für das Zeit zu nehmen, das einem wichtig ist. Vielleicht auch sogar die eigene Unfähigkeit zu entscheiden, was einem am wichtigsten ist, wofür man also Zeit verwenden will.
Oder vielleicht ist Zeitnot die unangenehme Empfindung des Zeitverinnens. Und das Gegenteil ist dann das Wohlgefühl, das entsteht, wenn ich die Zeit nicht mehr wahrnehme. Diese schönen,
seltenen Momente, in denen ich nicht mit mir allein bin.

Ich habe seit 5 Tagen keinen Kaffee mehr getrunken und bin einigermaßen stolz darauf, daß ich den Tag auch ohne schaffe. In Wirklichkeit warte ich natürlich nur auf diesen erhabenen Moment, in dem ich nach Langem wieder eine Tasse Kaffee trinke und um so bewußter genießen kann.

Warten ist vielleicht auch ein Gegenteil von Zeitnot. Es beginnt überall dort, wo Hoffnung aufkeimt oder Sehnsüchte ein feines Spiel mit der Realität aufnehmen.


Die 70er Jahre verbinde ich mit Pepita und dem Auftragen von gebrauchter Kleidung aus dem Westen, die nur selten richtig passte. Grund genug für mich, eigenes Geld zu verdienen um mich einzukleiden - im Krankenhaus.

Samstag vormittags ... Während ich noch schreibe, läuft auf RTL2 ein Krimi, unterbrochen durch einen AXA-Werbespot. Es ist tatsächlich viel Gleichzeitiges, zu komplex, um das zu entwirren, was es an Gedankengängen in mir auslösen wird. Es erinnert mich an den Moment, als bei einer Notarzthospitation ein Feuerwehrpieper vermisst wurde. Ich begann sofort in meinem Rucksack zu suchen, obwohl ich mir sicher war, dass er dort nicht sein konnte. Aber das war meine kleine Welt, in der ich mich auskannte. Kein geschlossenes System, ich weiß. Aber ich wollte das Problem für mich begrenzen. Letztendlich fand sich der Pieper mit dem nächsten Einsatzsignal, auf das ich sofort mit Harndrang reagierte. Mein interner Check beschränkte sich also aufs Vegetative, mein Vegetativum. Auf das Kommende, die verschiedenen möglichen Ursachen für die Bewusstlosigkeit, die uns am Einsatzort erwartete, konzentrierte ich mich dann auch während der Fahrt kaum, zumal der Sicherheitsgurt im Fahrzeug nicht mit dem hin und her gleitenden Sitz korrespondierte. Das absolute NoGo war dann die Aussicht, in einem glühend heiß qualmenden Schutzanzug zu stecken, den ich in einem angeblich motivierenden Werbefilm sah. Natürlich ist alles komplex. Aber ich sehne mich nach Überschaubarem. Deshalb die Visualisierung von Gemachtem, resp. Machbarem. Dabei ist mir klar, dass das Wahrgenommene nur bruchstückhaft mit dem Wahrnehmbaren übereinstimmt. Das Festhalten von Wahrgenommenem ist für mich ein erster Schritt, um Wahrnehmbares zu erfassen. Bei Gefühlen versagt dieser Weg bislang völlig. Aber meine eigene Panik begrenzt er. Und Panikattacken habe ich seit meiner Arbeit im Krankenhaus mehr als genug, zumal ich innerhalb der Arbeit dort begreifen musste, wie einsam verknappte Kommunikation machte, in der kaum Raum zum Austausch von Gefühlen blieb, maximal zum Verbalisieren einzelner Befürchtungen, die aber auch nicht zu zahlreich durften, um nicht zu stören. Ich sehe kaum fern. Der Film grad ist von 1976. Damals war ich 13, las griechische Sagen und träumte davon Archäologe zu werden, um den damaligen Alltag zu erahnen. Verdammt, wo beginnt Alltag, wenn nicht bei Überschaubarem, Gemachtem?

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