Dienstag, 26. November 2013

Unternehmensphilosophie Standort

Ich kann es mir nicht mehr vorstellen. Gut, dass ich dieses Gefühl in dem Moment in Worten festgehalten habe. Ich stand in einer Ladennische und musste Bilder verkaufen, er kam auf mich zu und redete auf mich ein. Aus irgendeinem Grund sehnte ich mich danach aufzuzeichnen. Am ehesten um Distanz zu schaffen, erregt wie er war. Er war unglaublich erregt. Oder war ich es durch seine Worte. Jedenfalls fehlte mir jede Möglichkeit zum Rückzug. Angesichts dessen dachte ich nur noch JetztIhnNichtErwürgen. Ein furchtbarer ewig langer Moment war das. Nähe zulassen zu müssen strengt an. Fast zwei Jahre habe ich gebraucht, bevor ich den Job hingeschmissen habe, weil er mich kaputt machte. Nicht dass ich früh enttäuscht oder gar autistisch veranlagt wäre, aber innerhalb von Sekunden von einem Wildfremden überrollt zu werden, nur weil ich ein x-beliebiges Produkt zu verkaufen habe, war die Hölle. Obwohl ich inzwischen weitgehend immun gegen invasive Nähe bin. Ich verlasse mich dann zunehmend auf mein Diktiergerät und versinke ins Wachkoma, lasse alles an mir vorbeistreifen und freue mich auf das Danach. Auch die ausgedehnteste Logorrhoe geht irgendwann vorbei. Je teilnahmsoser ich wirkte, umso anhaltender war die Argumentation, fast so, als ob ausgerechnet ich diesen Wuschel verstehen müsste, der so ganz zufällig in diesem Moment auf mich gestoßen war. So zufällig, dass er seine Geschichte ebensogut fünf Meter weiter jemandem anders hätte erzählen können. Aber da wäre sie für ihn wahrscheinlich schon gar nicht mehr aktuell gewesen. Die Zeit rast. Wahrscheinlich hätte ich ihm in den Sekunden zwei Bilder verkaufen können, wenn ich nur gewollt hätte. Stattdessen dachte ich nur ans Verwerten seiner Intention. Ein idiotischer Job. Ich fühlte mich wie eine leere Hülse mit Würgereiz. Zu verkaufen bedeutete Begleiten, bar jeder Arroganz Mögliches zu kalkulieren, ohne zu träumen. Und gerade dieses Träumen fehlte mir.

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