Samstag, 26. April 2014

Als ich 1999 aus München heimkam, fiel mir auf, dass der Notebook-Cursor in Word manchmal zu vibrieren begann. Ich begann ihn zu beobachten. Dabei lief das Radio. Das Radio bildete das Hintergrundrauschen zum Vibrieren des Cursors. Alles schien möglich zu sein, einzig aufgrund dieses Vibrierens. Manchmal sind es Kleinigkeiten, die Aufmerksamkeit suggerieren. Monate später erfuhr ich von Angelika Beer und ihrem verwanzten Notebook. Aufmerksamkeit ... Irgendwann schlug der Blitz in mein Notebook ein - ein Haarriss in der Hauptplatine ließ nicht mal mehr das einsame Leuchten irgendeiner Diode zu. Zeit, den Stimmen im Radio aufmerksamer zu lauschen. Dieser allgegenwärtige Blitz ist es, der trennt, der mitten im Telefonat alles unterbricht und die Basisstation tot zurücklässt ... Der Blitz als allgegenwärtiger Trojaner. Wann ist Inventur tatsächlich vollständig? Der erste Blitz, der knapp zwei Meter neben mir einschlug, war extrem hell. Es war ein enger, überschaubarer Raum, eine Weinbergsmauer vor hundertjährigen Eichen, abgewandt vom Tal. Alles schien so unwahrscheinlich zu sein, unwahrscheinlich wie das abrupt einsetzende Fallen gewaltiger Flocken im Frühling vor den dem Elbtal zugewandten bodenhohen Jugendstilfenstern meiner damaligen Wohnung, als mitten in die Stille hinein mein Telefon klingelte. Oder ist es wahrscheinlich, wenn sämtliche Vögel am Waldrand mitten in der Balz verstummen, sobald ich auf der Wiese vor dem Haus mit rohen Hühnereiern zu jonglieren beginne, nur weil ich gerade gelesen hatte, dass sich Warwick einen Chip in den Unterarm implantiert hatte, um das zu können, und ich ausprobieren wollte, ob es mir auch ohne Chip gelingt, dass die Eier ganz bleiben? Dass sich einer der Vögel in die Nische hinter meinem Schlafzimmerschrank verfliegt, erstarrt und sich erst wieder zu einem Flattern aufrafft, als ich mich heulend mit ihm in den Regen neben die Baumschaukel unter die Eiche setze? Ist es wahrscheinlich, dass Michael Spleth ausgerechnet in dem Moment etwas im SWR3-Studio kitschig findet, in dem ich ein Tagpfauenauge zum Fenster balanciere, um dem Tier zu beweisen, dass es draußen noch zu kalt zum Fliegen ist? Minuten später holte es ein Kleiber, als ob er die ganze Zeit auf den Happen gewartet hatte. Stalking ... Wo beginnt Stalking? Beim Vibrieren des Cursors? Wo beginnt tatsächlich der Respekt vor der Schöpfung?

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