Montag, 1. September 2014

Eine so nie abgeschickte Email

Hallo Sebastian,

leider erreichte mich die Antwort deines Vaters nicht. Inzwischen beantragt Leo politisches Asyl in den USA, was ich umso mehr begreife, da er inzwischen mehrere Monate in New York und Los Angeles lebte und sich offensichtlich wohl dabei fühlte, aber keine Greencard bekam, sodass der Antrag auf politisches Asyl, wenn man dem Anraten der US-Botschaftsangehörigen Glauben schenken darf, der einzig folgerichtige Weg für ihn ist, wieder nach Los Angeles zu kommen, ohne ständig befürchten zu müssen, von der für ihn schmerzhaften Vergangenheit eingeholt zu werden. Das Antragsverfahren ist mühsam, was mir für ihn leid tut. Sein Gedankengebäude ist inzwischen so stabil, dass ich es nicht durch Gegenthesen zum Einstürzen bringen mag. Entscheidend für mich ist, dass er sich wohl fühlt, und nicht, dass ich in irgendeiner Form irgendein Recht durchsetze, das irgendein Staat aufgrund des Vorliegens irgendeiner Behinderung irgendeinem Behinderten gegenüber geltend machen kann. Die Schule zu besuchen ist nicht der einzige Lebenszweck. Wichtiger scheint mir, dass er seinen eigenen Weg findet. Ziele hat er viele.

Herzlich
Christine Salzer
Sent: Sunday, January 08, 2012 2:03 PM
Subject: Ungewöhnlicher Schmerz

Sehr geehrter Herr Professor Zenz,

vielleicht können Sie mir helfen. Ich habe ein Problem. Leo, der Sohn eines Bekannten, hat mehrfach schmerzbedingt die Schule abgebrochen, wurde aufgrund seiner Sichtweise auf den Schmerz als schizophren eingestuft und mit Haloperidol zwangstherapiert und nimmt seit kurzem auf eigenen Wunsch wohl Estradiol gegen den Schmerz. Gibt es eine tatsächliche These, die die schmerzlindernde Wirkung von Estradiol bei männlichen Jugendlichen erklärt? Da ich das Beschwerdebild selbst als bizarr einordne, wäre ich glücklich, eine einfache Erklärung des von Leo beschriebenen Zusammenhangs zu finden. Haben Sie eine Erklärung? Im Moment kämpft Leo um ein weiteres Medikament, das Leos Vater Bernd als Biphosphene bezeichnet, um die Beschwerden, die Bernd als haloperidol-bedingt einordnet, zu lindern. Mein Anliegen ist es, Leo darin zu bestärken, so bald wie möglich die Schule fortzusetzen. Dem steht Bernd allerdings skeptisch gegenüber und erlebt seine Familie eher als von der Psychiatrie verfolgt. Er baut die Sächsische Beschwerdestelle für Psychiatrie auf ohne selbst psychiatrieerfahren zu sein.

Herzlich
Christine Salzer
Arzt mit ruhender Approbation bei seelischer Behinderung
(vorher Assistenzarzt für Anästhesie)

Anlage:
- Leos Blog, in dem Leo seine Beschwerden als Juckreiz einordnet http://juropsych.wordpress.com/2011/07/06/mein-aktuelles-verfahren-beim-bundesverfassungsgericht/
- Videos, in denen Leo zu sehen ist http://www.youtube.com/user/LKmanyD
- Video, das ich sehr informativ finde http://www.youtube.com/watch?v=Hc6OXTjjJ5k. Ich stieß darauf, als ich nach dem Verleger Peter Lehmann für die Veröffentlichung einer Dokumentation Psychiatrieerfahrener zu ihrer eigenen Zwangstherapie suchte, nachdem X. Hagen, die Initiatorin der Buchidee, eine Absage ihres Verlages (Pattloch, X. Hagen, Bekenntnisse) bekommen hatte.

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