Sonntag, 14. April 2013

Vor und während des Studiums arbeitete ich oft auf der chirurgischen Wachstation, kam aber nur zweimal mit Lauschke ins Gespräch: Das erste Mal, als er bei seinem offensichtlich schwerkranken Freund jegliche Transfusion trotz Anämie ablehnte, so dass er Stunden später starb. Das fand ich schrecklich, zumal mich sein Freund kurz zuvor in den Hintern gekniffen hatte, was ich als Zeichen dafür nahm, dass er gern lebt. Er hatte ein beschissenes Pankreas-Ca. Das zweite Mal, als er mich während der Vorlesung fragte, welche Schmerzmittel ich kenne. Da wusste ich den ostdeutschen Handelsnamen von Dolantin nicht. Darauf konterte er: Wäre das eine Prüfung, wäre ich durchgefallen. Klar, dass mich Schmerz mehr zu interessieren begann. Ich bewarb mich bei Lange, um bei ihm über Schmerz zu promovieren. Aber der hatte nur eine Stelle frei und behauptete, darauf Jens Kaltofen nehmen zu müssen, da der schon promoviert habe. Das war das einzige Mal, dass er während des Gespräches kurz aufblickte. Länger schaute er mich dann kurz vor seinem Tod an, als er Schmerzen hatte, ich aber schon lange nicht mehr in der Anästhesie, sondern mittlerweile als Journalist arbeitete. Es sei neuropathischer Schmerz, sagte er. Der Hauptgrund, warum ich damals nicht die Müller gebeten hatte, über die Neurologie zu Lange zu kommen, war die scheinbare Ausweglosigkeit neurologischer Krankengeschichten. Speziell Rollstuhlfahrer schockierten mich angesichts der vielen Treppen. Was Schmerz selbst bedeutete, begriff ich allerdings nicht während der Schmerzumfrage unter Betroffenen, sondern erst, als ich in den Wehen lag, kein Schwein etwas unternahm und nur eine alte Vettel frotzelte: "Die Mutter ist aber schmerzempfindlich." Mit Studienabschluss durfte ich dann keinen Tag mehr auf der Wachstation arbeiten, sondern musste sofort in den OP und war weitgehend allein. Learning by Doing. Die Hölle. OK, da sah ich Lauschke dann öfter, bis er dann aus irgendeinem Grund die Vertrauensfrage stellte und ging. Eine verrückte Zeit, Wende eben. Der Anästhesie-Müller bin ich ebenfalls wieder begegnet. Da reklamierte sie grad Schminke bei Douglas mit der gleichen Energie, mit der sie früher ihre Assistenzärzte rumkommandierte, und ich stand hinter ihr. Anja erinnert mich manchmal an sie. Ein bisschen fehlt sie mir. Sie wusste immer so schrecklich genau, was sie wollte, und das mit ganzer Kraft.

Leichen-PeterK. hat mich gelesen. Er ist Anwalt und hatte eine Analfissur, die schlecht heilte, schreibt er.

Heini kauft Haselnuss-Schnitten.

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